HIV: Humane Immundeficiency Virus

Das menschliche Abwehrmangel-Virus, Human Immundeficiency Virus HIV, das menschliche Immunschwäche Virus, ist der Erreger von Aids. HIV kann von einer infizierten Mutter auf das Kind, sexuell vaginal oder anal, durch Blut und durch Blutreste in unsterilen Spritzen und Nadeln übertragen werden.

HIV ist ein Retrovirus. Seine Gene sind mit RNA geschrieben. Die RNA-Gene des Virus werden im menschlichen Körper von der reversen Transkriptase in DNA umgeschrieben. Die DNA ist die Sprache unserer Gene. Die quasi retro, zurück von RNA zu DNA übersetzten, vom Virus stammenden Gene werden in unsere DNA eingebaut. Die so im Zellkern verborgenen Viren können nie mehr aus unserem Körper entfernt werden. Eine HIV-Infektion kann nicht geheilt werden, weil es auch unter der besten Behandlung immer irgendwo noch infizierte Zellen geben wird. Wenige Wochen nach der Ansteckung und im Endstadium der Infektion ist die Zahl der HI-Viren sehr hoch. Es werden dann Hunderttausende und sogar über eine Million HI-Viren pro Milliliter Blut nachgewiesen. Die HI-Viren sind in fast allen Körperflüssigkeiten von infizierten Menschen nachweisbar.

Bei der HIV-Infektion müssen die Viren Zellen mit geeigneten Oberflächenstrukturen zum Eindringen finden. Dies ist in den meisten Schleimhäuten, in der Blutbahn und bei Verletzungen in allen tiefen Geweben möglich. Eine Infektion durch die intakte Haut ist nicht möglich. Küssen und überhaupt das Zusammenleben mit HIV-Infizierten Menschen ist nicht gefährlich. Die Ansteckung wird durch eine hohe Virenzahl begünstigt. Durch die heutigen Behandlungen kann die Viruslast unter die Nachweisbarkeitsgrenze, also fast vollständig unterdrückt werden. Wer keine nachweisbaren Viren im Blut hat, ist nicht ansteckend (Swiss-Statement 2008, EKAF 2008). HI-Viren werden von Mensch zu Mensch übertragen durch:

  • Sex
  • Beim Spritzen von Drogen
  • Durch Unfälle und ungenügende Hygiene in der Medizin
  • Von der infizierten Mutter auf ihr Kind bei der Geburt und beim Stillen

Die sexuelle Übertragung ist beim Analverkehr, beim vaginalen und beim oralen Sex möglich. Durch Syphilis oder andere Krankheiten verursachte Geschwüre in der Vagina, am Penis oder im After begünstigen eine HIV-Infektion. Beschnittene Männer werden seltener durch HIV infiziert, da ihre Peniseichel durch normal verhornte Haut bedeckt ist.

Safer-Sex-Praktiken schützen vor HIV-Infektionen und anderen STIs sehr zuverlässig. Bei der Benutzung von Präservativen ist die korrekte Verwendung sehr wichtig. Das Kondom muss bis zum Penisschaft abgerollt werden. Fettige und ölige Gleitmittel begünstigen Defekte im Gummi: Gels und nicht Cremes oder Salben benutzen. Der erschlaffte Penis kann den Gummi nicht mehr halten; beim erneuten Liebesspiel auch ein neues Kondom benutzen.

Beim Spritzen von Drogen muss selbstverständlich jeder eigene Spritzen und Nadeln benutzen. Beim gemeinsamen Konsum von Drogen kann aber auch das Teilen und gemeinsame Aufziehen der Drogen aus einem erhitzten Löffel zu Infektionen führen.

HIV-Infektionen durch Unfälle im medizinisch-beruflichen Umfeld sind extrem selten. Verletzungen bei Blutentnahmen oder bei Operationen sind eigentlich nicht so selten. Das Vorgehen nach solchen Verletzungen ist genau geregelt. So schnell wie möglich muss die Wunde ausgewaschen werden und ein gut informierter Arzt muss beigezogen werden. Eventuell muss sofort eine Postexpositionsprophylaxe PEP begonnen werden. Ungenügende Hygiene und gar infizierte Blutprodukte sind hierzulande fast völlig ausgeschlossen. In der dritten Welt ist dagegen diese Infektionsart häufig.

Eine mit HIV infizierte Schwangere muss durch geeignete Behandlung bei der Geburt eine möglichst geringe Virenzahl im Blut aufweisen. Durch eine geplante Kaiserschnitt-Entbindung ab der 36. Schwangerschaftswoche und antiretrovirale Medikamente kann die Infektion eines Neugeborenen fast vollständig ausgeschlossen werden. Die HIV infizierte Mutter darf ihr Kind nicht Stillen.

HIV-Testmethoden: Alle Tests zum Nachweis von HIV reagieren entweder indirekt auf Antikörper oder direkt auf Virusbestandteile.

Der Schnelltest (Abott Determine HIV1/2) kann auch in einer Beratungsstelle oder Praxis durchgeführt werden. Er weit Antikörper gegen HIV1 und HIV2 Viren nach. Im Combi-Test werden Antikörper und p24-Antigen nachgewiesen. Dieses p24-Antigen ist ein Bestandteil der Virusoberfläche. Das p24-Antigen und damit die HI-Viren selber können mit dem Combi-Test schon mehr als eine Woche vor den ersten vom Körper produzierten Antikörper nachgewiesen werden. Der Combi-Test muss in einem lizenzierten Labor durchgeführt werden.

  • Schnelltest: Antikörper gegen HIV1/2, hohe Sensitivität, ohne Laboreinrichtung,
  • für alte und geringe Risiken
  • Combi-Test: p24-Antigen plus Antikörper gegen HIV1/2, hohe Sensitivität, nur im Labor, für akute und hohe Risiken
  • Westernblot: weist gleichzeitig viele Antikörper nach, hohe Spezifität, Bestätigungstest
  • PCR: polymerase chain reaction zum Nachweis der HIV-RNA
  • Resistenz, HIV 1/2, Subgruppen M & O: für die Behandlung und Verlaufs-Überwachung
  • PERT, Nachweis der reversen Transkriptase bei HIV 2 oder Subgruppe O
  • Inno-LIA-Test, Nachweis von Neuinfektionen
  • Die CD4-Lymphozytenbestimmung ist kein HIV-Test und weist nicht die Viren nach sondern dient der Messung der Immunität.

Der Combi-Test ist in aktuellen Risikosituationen oder beim Verdacht auf eine akute HIV-Erkrankung angebracht. Der Screening-Test auf HIV1/2-Antikörper ist bei drei Monaten und länger zurückliegenden Risiken angebracht. Sechs Wochen nach einer Infektion können Viren und Antikörper meistens nachgewiesen werden. Aber erst drei Monate nach einer Risikosituation kann eine Infektion mit einem der beiden Screening-Tests sicher ausgeschlossen werden.

Die Sensitivität der Screening-Tests (Schnelltest und Combi-Test) ist sehr hoch. Nur sehr selten wird damit eine Infektion nicht nachgewiesen. Die Spezifität der Tests ist allerdings nicht so gut. Von 1000 Tests sind nach meiner Erfahrung einige Resultate falsch reaktiv! Ein reaktiver Screening-Test muss mit einer zweiten Blutentnahme und mit einer anderen Testmethode überprüft werden.

Nach dem neuen Test-Konzept des Bundesamtes für Gesundheit BAG muss kein Westernblot mehr gemacht werden. Zur Bestätigung kann sofort die Viruslast mit PCR bestimmt werden. Eine Resistenzbestimmung unmittelbar nach der Diagnose einer HIV-Infektion ist heute Standard. Resistenz und die Kenntnis der Subtypen kann für die Behandlung und Verlaufs-Überwachung entscheidend sein.

Krankheiten durch HIV: HIV schädigt die infizierten Zellen im Menschen. Vor allem gewisse Zellen des Immunsystems leiden. Diese Helferzellen genannten, speziellen T-Lymphozyten sind entscheidende Schaltstellen des zellvermittelten Immunsystems. Wegen Ihrer Oberflächenstrukturen werden sie auch CD4-Lymphozyten genannt. Kurz nach der Infektion sinkt ihre Zahl für wenige Wochen, vorübergehend schnell ab. Der Körper muss in dieser Zeit der Neuinfektion ja eine sehr grosse HI-Viruslast bewältigen.

Symptome der akuten HIV-Erkrankung
Fieber> 90%
Müdigkeit> 90%
Hautausschlag> 70%
Kopfschmerzen32–70%
Lymphadenopathie40–70%
Pharyngitis50–70%
Myalgia, Arthralgia50–70%
Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall30–60%
Nachtschweiß50%
Fissuren, Ulzera im Mund10–20%
Genitale Fissuren und Ulzera5–15%
Thrombozytopenie45%
Leukopenie40%
Erhöhte Transaminasen21%


Zwei bis 10 Wochen nach der HIV-Infektion kann eine akute HIV-Erkrankung auftreten. Sie wird oft nicht bemerkt oder erkannt. Die akute HIV-Erkrankung gleicht in den klinischen Symptomen und Blutbefunden einem Pfeiffer’schen Drüsenfieber, einer Mononukleose: Unwohlsein, Fieber, Rachenentzündung, Kopfschmerzen, Lymphknotenschwellung, Gliederschmerz, Übelkeit und ein leichter Hautausschlag. Die akute HIV-Erkrankung klingt meist innerhalb von einer bis fünf Wochen ab. Die akute HIV-Erkrankung tritt nach einer HIV-Infektion nur in etwa einem Drittel der Fälle auf. Die frühe Diagnose einer HIV-Infektion eröffnet aber günstige Behandlungsmöglichkeiten.

Nach der ersten Erholung werden die CD4-Lymphozyten erst später wieder langsam durch die HIV-Infektion vermindert. Die HIV-Infektion bleibt während dieser Latenzphase meist jahrelang symptomlos oder zeigt sich nur in sehr milden Beschwerden. Die Latenzphase ist selten schon nach einigen Monaten, meist erst nach mehr als 7 Jahren vorbei.

Aids ist die erworbene Abwehrschwäche, auf englisch acquired immunodeficiency syndrome. Aids ist Folge und Ausdruck der verminderten zellulären Immunität des Körpers. Die Antikörperproduktion ist bei Aidskranken nicht beeinträchtigt, nur der zellvermittelte Teil des Immunsystems. Die täglich Milliarden von neu produzierten HI-Viren überfordern nach einigen Jahren den Ersatz der Helferzellen. Die CD4-Lymphozyten sinken unter 350 und dann sogar 200 Zellen/μl. Sobald die Abwehrkräfte so nachlassen, kann der Körper nicht mehr alle Parasiten, Pilze, Bakterien, Viren und Krebszellen genügend bekämpfen.

Aids umfasst eine ganzseitige Liste von Krankheiten. Diese Aids definierenden Krankheiten können sich am ganzen Körper manifestieren. Einige dieser Krankheiten, wie das Kaposi-Sarkom oder die Pneumozystis jiroveci (früher Pneumozystis carinii genannt), sind typisch für Aids und kommen sonst praktisch nicht vor. Andere Krankheiten sind weniger Aids-spezifisch, werden aber durch die Immunschwäche begünstigt. Hefepilzerkrankungen im Mund und der Speiseröhre sind oft die ersten Zeichen von Aids. Diese Soor genannten Pilzkrankheiten werden aber gelegentlich auch bei Säuglingen, bei Krebs und nach Organtransplantationen beobachtet. Toxoplasmose kann als Anzeichen von Aids schwere Lähmungen und nervöse Ausfälle verursachen. Toxoplasmen sind einzellige Parasiten, welche viele Menschen in sich tragen, sie aber ohne Aids nur selten beeinträchtigen. Tuberkulose ist bei Aids gehäuft und wird an ungewöhnlichen Orten und mit ungewöhnlichem Verlauf beobachtet. Atypische Arten von Tuberkulosebakterien werden dagegen fast nur bei Aidskranken gesehen. Auch das Kaposi-Sarcom kommt fast nur bei HIV-Infektionen vor. Es wird vor allem bei homosexuellen Männern beobachtet und durch auf das humane Herpesvirus HHV-8 verursacht.

Behandlung der HIV-Infektion: Für die meisten der Aids-bedingten und Aids definierenden Krankheiten gibt es heute gute Behandlungen. Die alleinige gezielte Behandlung dieser Krankheiten genügt jedoch auf Dauer nicht. Das HI-Virus selber muss bekämpft werden. Wenn die Zahl der CD4-Lymphozyten im Blut unter 200 Zellen / μl gesunken ist droht der Ausbruch von Aids innerhalb von wenigen Monaten.

Wenn die Zahl der Viren auf mehrere Hunderttausend angestiegen ist und vor allem wenn die Zahl der CD4-Lymphozyten unter 350 Zellen / μl oder gar unter 200 Zellen / μl gesunken ist, muss eine antiretrovirale Kombinationsbehandlung begonnen werden. Man spricht modern von der cART für das englische combined antiretroviral therapy oder HAART highly active antiretroviral therapy. Die Behandlung besteht aus einem Mix von mindestens drei Substanzen. Ein einziges Medikament könnte zwar eine kurze Zeit genügen, die Produktion von HI-Viren weitgehend zu unterdrücken. Im Pool der übriggebliebenen Viren würden aber bald weniger empfindliche und damit bald nur noch ganz resistente Aids-Erreger übrigbleiben. Es ist unwahrscheinlich, dass Resistenz-Mutationen gleichzeitig gegen drei Substanzen stattfinden. Die gleichzeitige Gabe von drei antiretroviralen Medikamenten hat sich seit 1995 im klinischen Alltag bewährt. Vorher starben die meisten Menschen 10 bis 12 Jahre nach der HIV-Infektion.

PEP heisst Postexpositionsprophylaxe. In den ersten 72 Stunden, aber am besten so schnell wie möglich, kann nach einer für eine HIV-Infektion riskanten Situation eine vorbeugende Behandlung, eine sogenannte PEP gemacht werden. Die Behandlung muss einen Monat lang mit einer Dreierkombination durchgeführt werden.

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