Heroinskandal?

Stärke und Macht einer Gesellschaft misst sich an ihrer Fähigkeit Menschen zu integrieren.

Der Erfolg der Schweizer Drogenpolitik ist mindestens so gross wie ihr Scheitern. Die Heroin gestützte Behandlung HeGeBe ist die Umdeutung der diversifizierten Drogenverschreibung und Drogenabgabe. DDD zielte auf eine umfassende Veränderung der Schweizer Drogenpolitik hin zu einer medizinischen Marktordnung.

Ein Heroin-Skandal ist für Medien immer lohnend. Polytoxikomane Patienten in Zürich prahlten im Frühjahr 2024 vor Medienleuten, dass sie ihre Ärzte leicht dazu bringen könnten, sie mit unnötig hohen Dosen von Heroin zu versorgen.[1] Den nicht benötigten Teil ihrer Take-home-Dosis an Diaphin-Tabletten würden sie auf dem Schwarzmarkt gegen Kokain tauschen.[2]

Im Suchtbereich stellt sich die Vertrauensfrage immer. Wie autonom kann der objektiv durch seine Sucht eingeschränkte Mensch sein. Was kann der Süchtige entscheiden, und was müssen andere für ihn bestimmen? Wer ist der Souverän: Der Staat, der Arzt oder der Mensch? Wer hat die Kontrolle? Die Vertrauensfrage ist hochemotionell und kann von Medien im Suchtbereich ausgebeutet werden.

Das Abwägen von Risiken ist eine alltägliche ärztliche Pflicht in jeder Sparte der Medizin. Sie erfordert immer alle berufliche Sorgfalt und kann durch sachfremde Eingriffe nicht ersetzt und kaum verbessert werden. Keine Ärztin kann die objektiven Risiken der Sucht missachten. Im riskanten Verhalten zeigt sich die Not der Opioidabhängigen. Welche Risiken müssen gegeneinander abgewogen werden? Zweifellos steht der Arzt in einer Kontrollfunktion. Medizinische Fragen stellen sich nüchtern und praktisch.

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[1] Rundschau, SRF 24.4.2024

[2] Sugar, Heroin oder chemisch Diacethyl-Morphin in Tablettenform heisst in der Schweiz Diaphin®. Viele süchtige Patienten kennen die einfachen Tricks, mit denen aus der Pentasulfatmatrix der Diaphin-Retard-Tabletten das Heroin zum Fixen, Sniffen oder Rauchen gelöst werden kann.