Glossar

Namen und Ortsnamen werden hier so geschrieben wie sie in der Schweiz gebräuchlich sind, oder wie sie zur damaligen Zeit im betreffenden Milieu gebräuchlich waren. Hebräische Worte werden in deutscher Schreibweise wiedergegeben, meistens so wie üblich: Schabbat und nicht Schabat (wie das hebräische שבת) oder das englische Shabat

Afikoman: Der versteckte, wieder hervorgeholte Teil des Pessachbrotes Matze

Ahaswer: Der ewige Jude, der legendäre Widergänger des jüdischen Verräters, der bis zum Tag des jüngsten Gerichts verflucht bleibt. In der Bibel der Name des Perserkönigs Ahasweros/Xerxes

Aschkanas: das jiddisch-deutschsprachige, mittel- und osteuropäische Judentum

Aufklärung: Philosophie, Bewegung und Zeitalter des auf Vernunft beruhenden Denkens ab 17. Jh.

Babe: Grossmutter

Barmizwa / Bar Mizwa: Einführung des 13-jährigen jüdischen Knaben in die Gemeinde.
Bat Mizwa für Mädchen

Benschen: Fürbitte halten, Segnen

Bereschit: «Am Anfang» steht als erstes Wort der Bibel

Bolschewiki: «Mehrheitler», Fraktion der russischen Arbeiterpartei für den Sturz des Zaren und Diktatur des Proletariats, der Räte (Sowjet). Kommunisten

Brit Mila: Beschneidungsfest, der abrahamitische Bund, die Verpflichtung. Brit= der Bund. Mila=Wort, jiddisch: Brismile, Bris

Bundisten / Bundistim: Sozialistisch, antizionistischer jüdischer Arbeiterbund in der Ukraine, Polen, Weissrussland und Russland. Fraktion der sozialdemokratischen Arbeiterpartei.

Chadarochel: Chadar Ochel hebr. Esszimmer, gemeinschaftliches Esshaus im Kibbuz

Chagaw, pl. Chagawim: hebr. Heuschrecken

Chanuka: Jüdisches Lichterfest. Erinnerung an das Wunder bei der Zerstörung des Tempels in Jerusalem

Dawenen: jiddisch, Beten

Dibbuk: böser Geist und Widergänger des toten Geliebten im Theaterstück von Salomon Anski

Duchoborzen: russisch духоборцы Geisteskämpfer, christliche Religionsgemeinschaft, Pazifisten, verweigern Eid und Kriegsdienst, Gegner der weltlichen Regierung, Göttlichkeit Jesu (Nichttrinitarier) und des biblischen Wortes.

En Soph: Unendlichkeit, ein Gottesname der Kabbalah

Gestampfter Jude: Nahrungskonzentrat der Schweizer Armee aus grobgehacktem Abfallfleisch von Schweinen

Goj / gojisch: Nichtjude / nicht jüdisch

Gibor: Ein Grosser Held

Haggada: Bebilderte Geschichte des Auszugs des jüdischen Volkes aus der Sklaverei im Ägypten des Pharaos, welche gemeinsam während des Abendmahls an Pessach gelesen und gesungen wird

Halacha: Die 613 Mizwot / Gebote der Tora regeln das Leben des frommen / halachischen Judentums

Haleluja: Lobgesang

Haman: Der Böswewicht am Hofe des Perserkönigs Ahasweros/Xerxes im Buch Esther

Haschomer Hazair: Der junge Wächter, linkssozialistische zionistische Jugendgruppe (1914) und Kibbuzbewegung seit 1920

Haskala: Das Verstehen: Jüdische Aufklärungsbewegung im 18. & 19. Jahrhundert

Israel: Isra-El, ישראל: der mit Gott ringt.

Itzig: pejorativ für Jude, abgeleitet vom Vornamen Jizchak/Isak

Jeschiwa: Religiöse Mittelschule

Jude: Bezeichnung für Menschen jüdischer Herkunft, Religion, Rasse oder Kultur. Der Begriff gilt in vielen europäischen und muslimischen Ländern als Schimpfwort.

Judennase: Franzisco de Quevedo hat das Bild der Judennase schon Mitte des 17.Jahrhunderts begründet. Der böse Spötter wollte mit seinem Poem «a una Nariz» den vermeintlichen oder tatsächlichen marranischen Juden Luis de Góngora diffamieren. In Frankreich benutzte Honoré de Balzac fast zweihundert Jahre später in la comédie humaine das Bild der Judennase um den elsässischen Juden, Financier und Aufklärer Hersch Cerf Beer zu diskreditieren

Jüdisches Glaubensbekenntnis: שמע ישראל יהוה אלוהינו יהוה אחד, Schma Israel Adonai Elohenu Adonai Echad: «Höre Israel Gott unser Herr ist eins». V. Moses 6,4 und im ersten Gebet am Morgen Schacharit, im Abendgebet Maariv und das letzte Gebet beim Sterben. Israel: kann verstanden werden als Isra-El= kämpft (mit) Gott. Man kann also auch deuten: Höre Mensch, der Du mit Gott ringst, Gott ist eins.

Jüdische Namen: Jeder Jude sollte einen biblischen Namen tragen. Mein Name ist Michael Ben Daniel (Michael Sohn Daniels), mein Vater hiess Daniel Ben Mosche, der Grossvater hiess Mosche Ben Beer, Beer Ben Abischai, aber wie Abischais Vater hiess, weiss ich leider nicht.

Kaddisch: Lobpreisung Gottes im Angesicht von Not und Tod. Oft im Gedenken an Verstorbene gesprochen.

Kadurha’arez: die Erdkugel, כדור הארץ

Kibbuz: Kommune, landwirtschaftliche Gemeinschaft sozialistischer jüdischer Siedler in Israel. Kibbuzim besitzen oft touristische und industrielle Betriebe

Komintern: Kommunistische (dritte) Internationale 1919-1943, Abspaltung aus der Sozialdemokratie aufgrund der Zimmerwald Bewegung

Maase: מעשה, Geschichte: was geschah, was er tat

Masel tow: Glückwunsch!

Mamser, Mamserim: Bastard, Bastarde

Maskir: Hebr. Sekretär

Megile / Megila: Programmzettel

Menora: siebenarmiger Leuchter, achtarmig Als Chanukia für das Lichterfest Chanuka

Midrasch: Schriften zur Auslegung der Tora

Mizwa: Gesetz, Auftrag, ehrenvolle Pflicht, vgl. Bar Mizwa

Mohel: Beschneider

Muezzin: Gebetsrufer auf dem Minarett der Mosche

Narodniki: sozialistische Bewegung der Volksfreunde, ab 1902 sozialrevolutionäre Partei

Nigun: wortloses, meist melancholisches Lied

Ochrana: Geheimpolizei des russischen Zaren. Ochraniki sind die Agenten der Geheimpolizei

Pjatdisjatnik: Militärischer Gruppenführer

Pessach: Fest der Erinnerung an die Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten. «Dies ist das Brot, das wir in der Sklaverei gegessen haben». Die Pessach-Geschichte Haggada wird im Familienkreis gemeinsam gelesen und mit Essen gefeiert. Im christlichen Osterfest wird die Befreiung als Erlösung durch das Opfer Jesu umgedeutet: «Dies ist mein Leib», sagt Jesus beim Brotbrechen.

Rütli: Mystischer Gründungsort der Schweiz am Vierwaldstättersee

Saisonnier: Ausländische Arbeiter durften grösstenteils nicht ganzjährig in der Schweiz bleiben. Damit konnten sie von sonst allgemeinen Rechten ausgeschlossen werden. Insbesondere der Familiennachzug war verboten.

Schabbat: Arbeitsfreier letzter Tag der jüdischen Woche, beginnt am Freitagabend bei Sonnenuntergang mit dem gemeinsamen Mahl in der Familie

Schawuot: Wochenfest, welches fünfzig Tage nach Ostern an den Empfang der 10 Gebote durch Moses auf dem Berge Sinai erinnert.

«Schil-büil schil-büil, xi xi xi!»: Жил-был, Russisch es war einmal. Äs isch ämal xi, Schweizerisch: es ist einmal gewesen

Schikse: nichtjüdische Frau, leicht abschätzig

Sechseläuten: Zürcher Stadtfest der Zünfte, die hohen Herren der Stadt lassen sich vom Publikum feiern. In der späten Romantik wiederbelebtes mittelalterliches Fest, das an den Sieg gegen die Pest, die Juden und anderen Feinde der Stadt erinnert.

Seide: jiddisch, Grossvater

Spharad: Spanien (und Marokko)

Talit: jiddisch Tales, Gebetsmantel-Tuch, schwarz oder blau gestreift mit langen Schaufäden (Ziziot). Zum 13. Geburtstag (Bar Mizwa) der Knabe erhält seinen Tales. Der jüdische Mann wird darin begraben.

Talmud: Bibelkommentare aus der babylonischen Zeit des Exils und später

Tate: Jiddisch Vater

Tehom: Der Abgrund im ersten Abschnitt am Anfang der Bibel

Tora: Bibel, fünf Bücher Mose. Handgeschrieben, in Form einer Rolle Zentrum des jüdischen Gottesdienstes in der Synagoge

Tscheka / Tschekisten: sowjetische Geheimpolizei, daraus entstand 1922 GPU, 1934 NKDW, 1954 KGB und im heutigen Russland der Geheimdienst FSB

Zarphat: Frankreich

Znüni: Schweizerisch für morgendliche Zwischenmahlzeit

Zeittafel

8.&9. Jahrhundert: Die jüdischen Könige der Chasaren regieren in der Ukraine

1349: Pogrom von Zürich, Rudolf Brun lässt die Juden in der Limmat ermorden, vertreiben und bereichert sich an deren Vermögen.

1775: König Louis XVI. verleiht Herz Cerf Beer als erstem Juden die französische Staatsangehörigkeit

1782: Anna Göldin wird in Glarus, Schweiz, als letzte Hexe in Europa hingerichtet

1786: Pogrom in Zawidow

1789: Franz. Revolution, die Juden Frankreichs erhalten die volle Bürgerschaft

1812: Napoleon erreicht auf dem Russlandfeldzug Moskau, Brand von Moskau

1881: Zar Alexander II. stirbt durch ein Attentat der sozialistischen Narodnaja Wolnja

1883: Pogrom in Jekaterinoslaw, die Eisenbahn erreicht die Stadt am Dnjepr

1905: Niederlage Russlands im russisch-japanischen Krieg
Pogrom in Jekaterinoslaw

1912: Besuch des deutschen Kaisers Willhelm in der Schweiz

1914 – 1918: Erster Weltkrieg. Russland kämpfte mit den Westmächten England und Frankreich gegen Deutschland, Österreich und Japan

1917: Lenin und bolschewistische Genossen reisen im plombierten Wagen von Zürich durch Deutschland nach St. Petersburg. Oktober-Revolution in Russland. Beginn der Sowjetunion

1920: GOELRO, bolschewistischer Staatsplan zur Elektrifizierung Russlands

1920: Niederlage der Weissen Armee im Süden der Ukraine, Flucht nach Gallipoli, Massaker durch rote Truppen

1923: Hitler kommt nach Zürich, Propaganda und erfolgreiches Fundraising

1925: Baubeginn des ersten Staudamms am Dnjepr oberhalb von Saporischtschja

1928: Grosse stalinistische Terrorwelle

1932/33: Höhepunkt des Holodomor in der Ukraine. Mehrere Mio Tote durch Hunger

1939-1945: Zweiter Weltkrieg. 6 Mio Juden werden im Holocaust ermordet

1940: Westoffensive gegen Frankreich. Am 10 Mai besetzt Nazideutschland Belgien, Luxemburg und die Niederlande.

1953: Die antijüdische Hetze (z.B. Aerzteprozesse) der letzten Jahre Stalins endet mit seinem Tode.

1956: Suezkrise, Ungarnaufstand. Antikommunistische Hetze in Zürich

1961: Berliner Mauerbau, Kosmonaut Juri Gagarin fliegt als erster Mensch ins Weltall