Nemo

Johann Peter Scherer, Hanspeter, der sich später Nemo nannte, war Journalist und der beste Freund meines Vaters. Er ist am Mühlesteg aufgewachsen, in einem der Häuser über dem Stadtfluss Limmat, die abgerissen wurden, als sie nicht mehr am Rande der Stadt lagen, sondern im Zentrum.

Hanspeters Geschichte müsste in der Mundart unserer Stadt erzählt werden:
→ ZüriTüütsch-Intro zur Geschichte von Neemo, die Rache des Vaters der Mutter und der Engel. Züri-Tüütsch ist ja die Originalsprache der Geschichte. Kennst Du zum Beispiel die Gefühle beim ‚ÖpfälBütschgi chätschä‘? Kennst Du das ungehemmte Schmatzen beim Verkauen des Apfelkerngehäuses? Man könnte die Menschen einteilen, in jene die das schätzen und lieben und jene, die das anschliessende Grübeln nach den derben Resten zwischen den Zähnen vom Genuss abhält. Und viele glauben wohl auch, dass sich gespritztes Insektengift im Kerngehäuse angereichert haben könnte. Die schwarzen Apfelkerne schmecken fein, bittermild, und man könnte sie sicher sammeln, rösten oder anders als teure Delikatesse zubereiten.

Der Hauptbahnhof war ursprünglich an den Rand der Stadt gebaut worden. Die Stadt war beidseits um die fächerförmig zusammenlaufenden Geleise weit hinter den Bahnhof hinausgewachsen, wie das Fruchtfleisch eines Apfels breit um den trichterförmig versenkten Stiel.

Wenn Du am Morgen aus der Bahnhofhalle ins Freie trittst und auf der Bahnhofbrücke über den Fluss gehst, siehst Du etwas geblendet von der Sonne hinauf zu den beiden Hochschulen. Rechterhand hätten vor hundert Jahren die etwas verlotterten schattigen Fassaden der Rückseite der Mühlesteghäuser keinen stattlichen Anblick abgegeben.

Wenn wir also Fruchtfleischreste aus dem Apfelkerngehäuse kauen und an den Mühlesteg denken, fragen wir: Was geschah in den Häusern vor dem Hauptbahnhof, die nicht mehr am Rande, sondern im Zentrum der Stadt lagen, als sie per Volksbeschluss unter dem Motto ‚freie Limmat ‘ einst verschwinden mussten?

Die Geschichte von Hanspeter ist eine Ballade vom Leben in unserer Stadt, wie es war und manchmal immer noch ist. Und wenn beim Kätschen etwas hängen bleibt, so hoffe ich auf lustvollen Genuss beim Entfernen der derben Hülsen und Häute und dass etwas Fleisch zum Verdauen übrig bleibt.

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