Karfreitagsfrage: Wie lange noch? 10.4.20

Wie lange noch? Börsenkurse und die veröffentlichte Meinung zeigen, dass erst wenigen Menschen bewusst ist, wie lange wir noch massivste Einschränkungen werden ertragen müssen. Lasst uns die Überlegungen für die Schweiz machen.

Deutlich mehr als die Hälfte der Bevölkerung hat sich noch nicht mit SARS-CoV-2 angesteckt. Erst wenn mindestens Dreiviertel der Bevölkerung infiziert ist, verlangsamt sich die unkontrollierte Ansteckung durch Herdenimmunität: Die Viren finden dann zunehmend weniger noch nicht infizierte Opfer. Aber dorthin werden wir realistischerweise nie kommen.

Aktuell infizieren sich täglich höchstens 10’000 Menschen in der Schweiz mit SARS-CoV-2 Corona-Viren. Mit PCR positiv getestet werden sogar nur rund 700 Personen pro Tag. Wenn sich in der Schweiz tatsächlich täglich 10’000 Menschen infizierten, dauerte es eineinhalb Jahre, bis sich mindestens Dreiviertel der Einwohner angesteckt haben und wir Herdenimmunität erreichen. Bei dieser Rechnung würden mehr als 50’000 Menschen in der Schweiz an Covid-19 sterben. Es ist denkbar, dass sich das eine oder andere Medikament als sehr wirksam gegen Covid-19 erweist. Die vier weltweit grössten Impfstoffhersteller versprechen erst auf Ende 2021 eine massentaugliche Impfung. Impfstoffe werden möglicherweise erst dann verfügbar, wenn sie vielerorts nicht mehr dringend gebraucht werden.

Die aktuellen seuchenpolizeilichen Massnahmen genügen um in fast allen westeuropäischen Ländern, die virale aktuelle Reproduktionsrate unter 1 zu drücken: Jeder Infizierte steckt weniger als eine weitere Person an. Wenn die Kontrollmassnahmen so stark gelockert werden, dass der durchschnittliche Infizierte mehr als eine weitere Person mit SARS-CoV-2 infiziert, steigt die Kurve wieder exponentiell an. Dann verdoppelt sich die Zahl der Angesteckten alle zwei bis vier Tage. Sogar wenn die Verdoppelung nur wöchentlich geschieht, braucht es keine sechs Wochen um das Gesundheitswesen kollabieren zu lassen. Die ökonomischen und gesamtgesellschaftlichen Folgen eines solchen Szenarios sind katastrophal. Der Kollaps des Gesundheitswesens könnte ein Vielfaches an nicht Covid-19-bedingten Todesfällen nach sich ziehen.

Bei der schrittweisen Lockerung der Covid-19-Kontrollmassnahmen müssen die Behörden dauernd beobachten, ob die Häufigkeit der Infektionen nicht wieder exponentiell zunimmt. Mit PCR-Abstrichen ist das mit einer Verzögerung von zwei bis vier Wochen sichtbar. Die Durchseuchung wird mit gut erprobten Antikörpertests besser und mit einer Zeitverzögerung von höchstens zwei Wochen erfasst werden können. Die praktische, die epidemiologisch relevante Sensitivität dieser serologischen Tests wird erst in der Anwendung sichtbar werden. Vermutlich werden wir erst Ende Mai vermutlich verlässliche zeitnahe Zahlen kennen.